Ernährungstipps von Lucas Thurnherr, Ernährungswissenschaftler am OSP-Bayern. Plus: Psychologische Tipps, um sportgerechte Ernährungsgewohnheiten umzusetzen.
Heute, am 07.03.23, ist der „Tag der gesunden Ernährung“. Er wird jedes Jahr vom Verband für Ernährung und Diätetik e.V. (VFED) deutschlandweit mit zahlreichen Aktionen in die Tat umgesetzt. Ziel ist, Menschen aufzuklären und im Alltag mehr in Kontakt mit gesunder Ernährung zu bringen. Für „Sportpsychologie München“ ein idealer Anlass, uns mit dem Thema „Ernährung im Leistungssport“ zu befassen. Und uns darüber mit einem Kollegen im Betreuerteam am Olympiastützpunkt Bayern zu unterhalten: Lucas Thurnherr, Sport- und Ernährungswissenschaftler und wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Technischen Universität München. Wir haben ihn um drei Dinge gebeten:Mit ein paar Ernährungs-Mythen aufzuräumen, die sich unter einigen SportlerInnen immer noch hartnäckig halten.
Uns einige Dos and Don’ts zu nennen, um Trainingsreize und Wettkampfleistung bestmöglich mit den passenden Mahlzeiten, Snacks und Getränken zu unterstützen.
Uns eine mittlerweile wichtige Frage zu beantworten: Ist vegane Ernährung leistungssteigernd oder leistungsmindernd?
Ernährungsmythen
- Kohlenhydrate sind „böse“. -> Nein. Kohlenhydrate sind ein wichtiger Ernährungsbaustein für sportliche Leistung, denn sie liefern Energie. Außerdem sind Kohlenhydrate wichtig für die allgemeine Gesundheit, denn sie regulieren den Hormonhaushalt (vor allem die Schilddrüsenhormone), bei Männern wie bei Frauen. Auch wenn die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) grundsätzlich im Sinne gesunder Ernährung dazu rät, zuckerhaltige Nahrungsmittel und schnelle Kohlenhydrate wie Weißbrot oder Nudeln zu reduzieren: SportlerInnen haben einen anderen Nährstoffbedarf und benötigen in bestimmten Situationen die schnellen Energielieferanten für optimale Leistung. Gesunde Ernährung ist immer kontextabhängig und kann je nach Zielgruppe variieren.
- Magnesium hilft gegen Krämpfe. -> Nein. Krämpfe haben mit dem Wasserhaushalt zu tun, Magnesium spielt eine untergeordnete Rolle. Um Krämpfe zu vermeiden gilt vor allem: regelmäßig trinken. Und zwar im Training und Wettkampf: entweder Wasser, angereichert mit Natrium (also etwas Salz) oder isotonische Sportgetränke (deren Wasser-zu-Salz-Gehalt gleicht dem des Blutes). Im Alltag/an Ruhetagen: pures Wasser ohne Salz. Zur Regeneratio: isonische Sportgetränke plus salzhaltige Speisen.
- Strategien wie Intervall-Fasten helfen beim Abnehmen. -> Nein. Das Körpergewicht reduziert sich langfristig, wenn weniger Kalorien aufgenommen als verbraucht werden. Die Differenz zählt. Gewichtsreduktion ist eine Frage der Gesamtkalorien pro Tag, nicht der Ernährungsform.
„To Dos“ in der Sporternährung
- Regeneration ist aus ernährungswissenschaftlicher Sicht ein mehrstufiger Prozess. Das heißt: Ein Proteinriegel und ein, zwei Gläser Wasser nach dem Training reichen nicht! Nach einem Training sollten SportlerInnen über den Tag hinweg mehrere Zwischenmahlzeiten einnehmen und regelmäßig trinken. Nach Krafteinheiten, die auf Muskelwachstum abzielen, sind die Muskeln in den folgenden 24 Stunden bis 3 Tagen überdurchschnittlich empfänglich für Proteine. Proteinreiche Hauptmahlzeiten und Snacks (alle 1-3 Stunden) sind also auch noch Tage nach dem Krafttraining sinnvoll, um den Trainingsreiz optimal auszuschöpfen. Nach längeren Ausdauereinheiten über 1.5 Stunden sollten SportlerInnen direkt danach ein Getränk zu sich nehmen, das neben Flüssigkeit auch Kohlenhydrate und Proteine beinhaltet, z. B. Schokomilch. Tatsächlich ist Schokomilch für SportlerInnen ein ideales Regenerationsgetränk. Auch nach Ausdauereinheiten gilt dann: Regelmäßig über den Tag verteilt Wasser trinken und etwas essen – nicht nur direkt im Anschluss. Wer in der Folgezeit eines Trainings nichts oder zu wenig isst und trinkt, schränkt die Trainingsadaptation deutlich ein!
- Neue Ernährungsstrategien erst im Training testen, bevor man sie im Wettkampf umsetzt. Manche AthletInnen probieren im Wettkampf zum ersten Mal etwas Neues aus, ohne die Verträglichkeit zu kennen. Zum Beispiel kann Rote Beete-Saft leistungsfördernd wirken – bei manchen Menschen aber auch Magenbeschwerden auslösen, wenn der Körper den Drink noch nicht kennt.
„Don’ts“ in der Sporternährung
- Keine Ballaststoffe und Fette direkt vor einem Wettkampf und hartem Training. Sie verlangsamen die Verdauung und können zu Magenbeschwerden führen. Also: Direkt vor einer starken Belastung keine Hülsenfrüchte (Linsen, Bohnen etc.) oder Vollkornnudeln mit Gemüsesoße – auch wenn sie grundsätzlich als gesund gelten und gute Nährstofflieferanten sind. Besser: reife Früchte (z. B. Bananen) und kohlenhydratbetonte Speisen und Getränke wie z. B. Reis, weiße Nudeln, Weißbrot und Fruchtsaft.
Vegane Ernährung im Sport
- Die derzeitige Studienlage zeigt weder eine leistungsfördernde noch eine leistungsmindernde Wirkung von veganer Ernährung im Sport. Aber: Vegane Ernährung erhöht das Risiko für Nährstoffmängel – und das wiederum kann die Leistung von SportlerInnen negativ beeinflussen. Eisenmangel und Vitamin D-Mangel z. B. schränken die Leistung nachweislich ein. Zudem müssen vegan lebende LeistungsportlerInnen größere Mengen an pflanzlichem Eiweiß zu sich nehmen (und damit oft auch mehr Kalorien), um ihren Proteinbedarf zu decken. Denn tierisches Eiweiß wird vom Körper schneller aufgenommen und effektiver verwertet.