„5 Kilo weniger bis zum Sommer wären schon gut …“. „Um deine Leistung zu steigern, brauchst du mehr Kraft – oder weniger Gewicht.“ „Wenn du es nicht schaffst abzunehmen, hast du in der Weltspitze keine Chance.“
Aussagen wie diese gehören im Profisport zum Trainingsalltag. Sie sind nicht per se negativ. Gewichtsmanagement und Ernährung: Wer an diesen Stellschrauben dreht, kann Höchstleistung optimieren.
Aber bis zu welchem Punkt ist die Beschäftigung mit dem eigenen Gewicht, der Ernährung und dem Essverhalten gesund? Ab wann wird sie zur Störung und macht körperlich und psychisch krank?
Und wie können Vereine, Verbände, TrainerInnen, Eltern und SportlerInnen selbst dazu beitragen, dass mehr Aufklärung, Sensibilisierung, Prävention, Kommunikation und professionelle Hilfe stattfinden?
Beim Thementag „Essstörungen im (Leistungs-)Sport“ wurde über diese Frage intensiv diskutiert. An der Sporthochschule Köln kamen am 21. März rund 60 Teilnehmende aus ganz Deutschland zusammen, um sich mit ExpertInnen zu diesem wichtigen Thema auszutauschen. Organisiert wurde die Veranstaltung von der Arbeitsgemeinschaft für Sportpsychologie (asp) und der Netzwerkinitiative „MentalGestärkt“,
Dr. Tom Kossak von Sportpsychologie München war bei der Veranstaltung als Keynote-Speaker eingeladen. Gemeinsam mit der ehemaligen Profi-Turnerin Kim Bui blickte er auf die persönliche Geschichte von Bui zurück: Wie hat sich ihre Bulimie entwickelt? Wie hat das System ihrer Sportart dazu beigetragen, welchen Anteil hatten persönliche Faktoren? Wann wurde ihr klar, dass sie eine Essstörung hat? Wo fand sie Hilfe? Und wie geht es ihr jetzt damit, einige Jahre nach ihrer Karriere?
Dr. Petra Dallmann, ehemalige Olympiasiegerin im Schwimmen und Sportpsychiaterin an der Universitätsklinik Heidelberg, erklärte die unterschiedlichen Formen von Essstörungen und berichtete von ihren Erfahrungen in der Arbeit mit SpitzensportlerInnen. In lebendigen Austauschforen brachte auch Dr. Brit Wilsdorf, Sportpsychologin und Psychotherapeutin aus Berlin, ihre Expertise und Erfahrungen aus der Praxis ein.
„Der Thementag war ein wichtiger Schritt, um das Thema Essstörungen im Leistungssport weiter aus der Tabu-Zone zu holen und dringend notwendige Veränderungen in Vereinen und Verbänden zu diskutieren“, betont Tom Kossak.
„Neben mehr Aufklärung und Sensibilisierung bei SportlerInnen, TrainerInnen und Eltern ist mir persönlich noch ein weiterer Punkt sehr wichtig: Die interdisziplinäre Zusammenarbeit im Betreuerteam und ein aktiv gestaltetes Netzwerk, um eine professionelle Prävention und ggf. Behandlung von Essstörungen sicherzustellen.“
Bildquellen: Arbeitsgemeinschaft für Sportpsychologie (asp). V.l.n.r. Dr. Tom Kossak, Dr. Brit Wilsdorf, Kim Bui, Marion Sulprizio (Projektleitung „MentalGestärkt“), Anja Kröger (Geschäftsstelle asp), Dr. Petra Dallmann
Am OSP Bayern in München z. B. haben Dr. Kai Engbert und Mila Hanke von „Sportpsychologie München“ im Rahmen der sportpsychologischen Sprechstunde ein „Präventionskonzept Essstörungen“ erarbeitet, das neben der Sportpsychologie auch alle anderen Fachbereiche am OSP miteinbezieht: von Physiotherapie über Trainingswissenschaften und Ernährungswissenschaften bis Sportmedizin. Zudem stellen externe Kooperationen mit ambulanten Psychotherapieeinrichtungen und einer Sportpsychiatrie-Expertin sicher, dass Betroffene bei Bedarf schnell professionelle Hilfe bekommen.
👉Was sind Ihre /Eure Meinungen, Gedanken und Forderungen zu diesem Thema?
👉Was haltet Ihr von internationalen Startregeln wie einem Mindest-BMI im Klettersport?
👉Sind mehr anonyme Anlaufstellen für AthletInnen notwendig, damit sie schneller professionelle Hilfe finden?
👉Brauchen TrainerInnen Workshops, damit sie Essstörungen verhindern statt fördern (z.B. durch unreflektierte Kommunikation)?
👉Muss das Thema Körperbild, Gewicht und Ernährung schon im Nachwuchssport mehr Aufmerksamkeit bekommen?
👉Und was muss sich sonst noch ändern, damit die Entscheidung für den Leistungssport nicht zu Lasten der körperlichen und mentalen Gesundheit geht?
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