Interview Extremsportboom

Auszüge des Interviews Neue Zürcher Zeitung 12.06.2014:

Der Tod fliegt mit

Nur in wenigen Ländern ist Basejumping legal. Die Schweiz gehört (noch) dazu, deshalb kommen Menschen aus der ganzen Welt hierher, um sich in die Tiefe zu stürzen. Worin liegt die Faszination eines Sports, der immer wieder tödlich endet?

[fusion_builder_container hundred_percent=“yes“ overflow=“visible“][fusion_builder_row][fusion_builder_column type=“1_1″ background_position=“left top“ background_color=““ border_size=““ border_color=““ border_style=“solid“ spacing=“yes“ background_image=““ background_repeat=“no-repeat“ padding=““ margin_top=“0px“ margin_bottom=“0px“ class=““ id=““ animation_type=““ animation_speed=“0.3″ animation_direction=“left“ hide_on_mobile=“no“ center_content=“no“ min_height=“none“][…] Der Traum vom Fliegen verfolgt die Menschheit. Und diese kreiert immer neue Möglichkeiten, die Schwerkraft zu überlisten oder gezielt zu erleben. Fallschirm- und Gleitflugausrüstungen wurden seit Ende der neunziger Jahre modifiziert. Die einen springen damit von festen Objekten, z. B. Felskanten oder Brücken, und erleben den kurzen freien Fall. Dafür stehen die Buchstaben BASE im Begriff «Basejumping»: B wie Building (Gebäude), A wie Antenna (Sendemast), S wie Span (Brücke) und E wie Earth (Boden).
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Frei wie ein Vogel

Sprung, Flug, Leine ziehen, Fallschirm auf und Landung. Die Theorie klingt einfach, doch die Praxis sieht oft anders aus: Im Vergleich zu einem normalen Fallschirmsprung gibt es bei Basejumping keinen Reservefallschirm, der im Notfall gezogen werden kann. Aufgrund der geringen Absprunghöhe ist die Zeitspanne des Fallens zu gering. Nur wenige Sekunden entscheiden über Leben und Tod. In den letzten Jahren verunglückten allein im Berner Oberland über 40 Personen bei einem «Flug».
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Reine Kopfsache

Trotz konkreten Todeswarnungen boomen Basejumping und Wingsuit-Fliegen.[…] Videos wie die des Schweizer Extremsportlers Ueli Gegenschatz, der mit spektakulären Aktionen Tausende Klicks im Internet auslöste. Bis zum 11. November 2009, als er bei einem Sprung von einem Zürcher Hochhaus verunglückte. Die Schuld für seinen Tod suchten im Nachhinein viele bei seinem Sponsor Red Bull, der mit der inszenierten Aktion einen neuen Handy-Vertrag bewerben wollte. Doch ist es nicht zu einfach, die Schuld auf die Vermarkter zu schieben, welche Extremsportler auf der Suche nach Adrenalin, Ruhm und Geltung mit offenen Armen begrüssen?

Für Thomas Ritthaler, Sportpsychologe mit Fokus auf Extremsportarten, sind die Gründe dafür komplexerer Art: «Natürlich bieten die medialen Möglichkeiten die grosse Chance, seine eigenen Vorlieben und Bedürfnisse so zu vermarkten, dass man davon leben kann. Aus Gesprächen mit den Sportlern wird klar, dass Ruhm als Teil des Business gerne genutzt und sicher auch genossen wird, aber nicht zentral ist.» Die Menschen springen, obwohl sie wissen, dass jeder «Flug» der letzte sein kann. Auch ohne applaudierendes Publikum im Rücken. Fachleute bezeichnen den Drang nach intensiven Sinneseindrücken in Bezug auf extreme Risikosportarten als «thrill and adventure seeking». Anreize sind ungewöhnliche Bewegungszustände wie das Fliegen und Drehen in der Luft, hohe Beschleunigungen oder Geschwindigkeiten.

Was von der Gesellschaft oft als verrückt wahrgenommen wird, sehen die Sportler selbst anders: «Aussenstehende mögen Risikosportler dahingehend wahrnehmen, dass diese das Risiko per se suchen, aber dem ist nicht so: Das Ausmass des Risikos wird durch die Einschätzung der eigenen Fähigkeiten bestimmt», sagt Psychologe Ritthaler. Das Gefühl der Kontrolle erhöhe den Drang zum Sprung noch mehr. Erfolgreich bewältigte Extremsituationen, insbesondere solche, die nicht mit hundertprozentiger Sicherheit erfolgreich ausgehen müssen, lösen biochemische Veränderungen im Gehirn aus, die als sehr angenehm empfunden werden.

Verbandspräsident Schwery beschreibt das Gefühl ähnlich: «Während des Sprungs bin ich vollkommen konzentriert. Doch danach überkommt mich ein extremes, unbeschreibliches Glücksgefühl.» Das ist den meisten Gegnern jedoch egal. Sie fordern ein Verbot in der Schweiz und klare Kontrollen. Doch ohne die Einschränkung der individuellen Freiheitsrechte lässt sich in naher Zukunft wohl kein Verbot in der Schweiz durchsetzen. Auch Dädalus hatte seinem Sohn verboten, sich der Sonne zu nähern. Was dann passierte, ist bekannt. Vom Fliegen träumen werden die Menschen weiterhin.

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